
Jitka Genest aus Prag fand die Begegnungen in den Stuttgarter Mütterzentren während eines Erasmus+Projektes so inspirierend, dass sie auch für vier tschechische Kolleginnen eine Reise beantragt hat. Dana, Stanka, Blanka und Suzana besuchten letzte Woche das MüZe Süd und waren begeistert von dem ganz besonderen Charme der neuen Außenstelle. Die befindet sich nämlich in einem ehemaligen Juweliergeschäft mit riesigem Tresor. Sie lernten im Familienzentrum Gaisenhaus die generationen- und kulturübergreifenden Angebote und im EKiZ das Repaircafé kennen. Zusammen mit Christiane Schomburg bereiteten sie ein typisch schwäbisches Mittagessen mit Maultaschen zu. En Guada!

Interview mit Prof. Anne-Katrin Schührer
Soeben ist das erste „Handbuch Soziale Arbeit mit Müttern“ erschienen. Ein spannender Wälzer über historische und theoretische Hintergründe, aber auch ganz praktische Handlungsempfehlungen zur Arbeit mit der sehr vielfältigen Gruppe der Mütter. Wir sind stolz, dass Mütterzentrumsfrau und Professorin Anne-Katrin Schührer gleich zwei lesenswerte Texte beigesteuert hat.
Frau Schührer, worum geht es in Ihren Beiträgen?
Ich habe in einem Artikel die Entwicklung von Mütterzentren zu anerkannten Orten der Familienbildung beschrieben und in einem zweiten die Soziale Arbeit mit migrantischen Frauen. Mir war wichtig, dass in so einem Handbuch nicht nur gesagt wird, wie einzelne Professionen mit Müttern arbeiten, sondern was Mütter für Mütter tun. Ich wollte unser Prinzip der Selbsthilfe der Top-Down-Methode gegenüberstellen.
Warum gelten Mütterzentren als die Institutionen, die auch „die schwer Erreichbaren erreichen“?
Das liegt zu Beispiel an unseren Offenen Treffs und daran, dass wir Angebote für alle anbieten. Man muss kein spezifisches Merkmal oder Defizit haben, um irgendwo teilzunehmen. Wir sind niedrigschwellig. Unsere Secondhand-Läden wirken z.B. wie Türöffner. Hier kommt man ins Gespräch, geht danach einen Kaffee trinken, kehrt wieder, übernimmt irgendwann einen Cafédienst. Jede und jeder kann sich ausprobieren.
Wo besteht noch Forschungsbedarf in Mütterzentren?
Ich sehe da weniger Forschungsbedarf als die Notwendigkeit, das Praxiswissen, das tagtäglich mündlich weitergegeben wird, zu verschriftlichen. Wir sollten unsere tollen Broschüren digitalisieren. Schon die alten Texte, die vor 30, 40 Jahren geschrieben wurden, haben Forderungen super auf den Punkt gebracht, die immer noch hochaktuell sind.
Welche meinen Sie?
Raus aus der Vereinsamung, Vereinbarkeit von Beruf und Familienaufgaben, Stillen in der Öffentlichkeit, die Idee der Caring Communities. Das ist auch unser Verdienst, dass diese Themen jetzt im Mainstream angekommen sind.

Zur Person: Die vierfache Mutter Anne-Katrin Schührer ist Professorin für Theorien und Methoden der Sozialen Arbeit an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Stuttgart. Außerdem ist sie im Vorstand des Familienzentrums MüZe Heubach.

Ute Latzel hat uns letzte Woche auf dem Parlamentarischen Frühstück vertreten, das das Bündnis Sorgearbeit fair teilen organisiert hatte. Diskutiert wurde die Ausweitung des Elterngeldes, die Abschaffung der Steuerklasse V und Lohnersatzleistungen in Pflegephasen. Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen - aber wir bleiben dran: Wir fordern, dass den Sonntagsreden endlich Taten folgen.

Es liegt nicht am fehlenden Willen, wenn Kinder von Eltern ohne Abitur seltener in den Kindergarten gehen als Kinder von Eltern mit Abitur. Es liegt an fehlender Unterstützung. Das haben jetzt Wissenschaftler der Technischen Universität München nachgewiesen. Sie stellten den sogenannten bildungsfernen Familien Studierende zur Seite, die ihnen beim Finden von Kindergärten, dem Ausfüllen der Anträge und Formulieren der Anschreiben halfen. Das Ergebnis: Der Anteil von Kindergartenkindern aus weniger privilegierten Familien wuchs um 16 Prozent. Gleichzeitig erhöhten sich die Erwerbstätigkeit der Mütter und das Haushaltseinkommen.
Mehr dazu:

Wir haben zwar keinen der begehrten Soroptimist International Preise gewonnen. Aber unsere Vorstandsfrau Angela Sgro war auf der sehr gelungenen Festveranstaltung in Worms.
Mit 15 000 Euro wurde der Berliner Verein „BAUFACHFRAU“ ausgezeichnet, weil er sich vorbildlich dafür engagiert, die Chancen von Frauen in handwerklichen, technischen und gestalterischen Berufen zu stärken. 5000 Euro erhielt der Verein „Die Chirurginnen“ für seine Netzwerkarbeit für Frauen in der Männerdomäne Chirurgie.

„Kunst und Kultur in Krisenzeiten“ war das Thema einer Podiumsdiskussion in Frankfurt, auf der sich Claudia Roth und die ukrainische Künstlerin Viktoria Masterovenko vom Mütterzentrum Langen getroffen haben. Masterovenko berichtete von der schwierigen Lage der Kunstschaffenden in der Ukraine. Beeindruckt war die Ministerin von dem Petrykiwka-Malprojekt für geflüchtete Frauen im Langener Mütterzentrum ZenJA, das Masterovenko initiiert hat. Der Erlös aus dem Verkauf der Bilder geht an ein ukrainisches Mütterzentrum.

Auf Deutsch und Rumänisch hat die Siegener Mütterzentrumsfrau und Autorin Karla Baumgarten ein liebevoll illustriertes Kinderbuch über so große Themen wie Integration, Interkulturalität und Mehrsprachigkeit geschrieben. Und zwar so, dass alle mitgenommen werden: Große und auch ganz kleine Leute.
In der Ukraine wird das Weihnachtsfest am 6. Januar gefeiert – zu spät für den Projektzeitraum. Deshalb hat das Braunschweiger Mütterzentrum den Besuch von Väterchen Frost und Schneemädchen Snegurotschka ein paar Wochen vorverlegt. „Das war ein tolles Fest mit viel Musik, Essen und kostümierten Kindern. Besonders niedlich war ein als Tannenbaum Jolka verkleideter Junge“, sagt Geschäftsführerin Melanie Moronga. „Wir wollen den ukrainischen Familien ja nicht nur unsere Adventsbräuche näherbringen, sondern auch von ihnen lernen.“ Auch sonst haben die Ukrainer ein volles Programm. Sie lernen auf Ausflügen in die Stadt ihr neues Domizil Braunschweig kennen, spielen Minigolf und haben zusammen das Halloweenfest vorbereitet und gefeiert. Es gibt Sprachkurse für Kinder und Jugendliche. Und Mütter können zeitgleich Pilates- oder Entspannungskurse besuchen. Ein besonderes Highlight des Projekts ist ein Schwimmkurs für Frauen und Kinder. Den hatten sich die Familien am meisten gewünscht, als sie nach ihren Ideen für das Projekt gefragt wurden. „Gemeinsam entscheiden, was gebraucht wird, ist uns wichtig“, sagt Melanie Moronga.
Mit 17 ukrainischen Kindern zwischen 6 und 15 Jahren, hat das Mütterzentrum SzenenWechsel im hessischen Seeheim-Jugenheim das Singspiel „Wildnis, Wald und Wagemut“ einstudiert. Die Wichtel und Trolle konnten mit einer Theaterpädagogin und einem Musikpädagogen im evangelischen Gemeindehaus proben. Aufgeführt wird das Stück im katholischen Gemeindehaus. „Dadurch sind wieder tolle Netzwerke entstanden“, sagt Vorstandsfrau Gabriele Jaspert. „So gibt es trotz der Kürze des Projekts eine längerfristige Wirkung, denn Kinder und Theater begeistern auch die Kirchen und wir können im nächsten Jahr gemeinsam etwas auf die Beine stellen“. Für Musik, Pantomime und Bewegung brauche es erst einmal keine Sprache, beschreibt Jaspert die Idee hinter dem Stück und sagt: „Für jede Seele, die einmal Theater geschnuppert hat, ist das ein Gewinn fürs Leben“.

Interview mit Malieh Taherkani, die seit 2004 in Deutschland lebt und im Hamburger Nachbarschatz als Erzieherin arbeitet.
Malieh, wir hören jeden Tag, wie grausam das iranische Regime gegen Oppositionelle vorgeht. Inzwischen werden Demonstranten sogar hingerichtet. Gleichzeitig bist du in Hamburg und musst in deinen Job funktionieren. Wie schaffst du das?
Meine Kolleginnen und Dagmar, meine Chefin, unterstützen mich. Nach der Arbeit organisiere und besuche ich Demos, und übersetze in die iranische Gebärdensprache. Wenn ich Unterschriften sammle, unterschreiben alle. Sogar die Eltern der Kita-Kinder.
Wie können wir uns mit dir und deinen Landsleuten solidarisch zeigen?
Wir brauchen ganz viel Öffentlichkeit. Das Terrorregime muss wissen, dass die ganze Welt verfolgt, was es macht, nämlich Unschuldige, die für Freiheit, Demokratie und Menschenrechte protestieren, werden eingesperrt, gefoltert und getötet. Sogar Menschen, die gar nicht auf der Straße waren und nur mit den Protestierenden sympathisieren, werden inhaftiert. Darüber müssen Medien weltweit berichten. Und es braucht Sanktionen.
Was genau meinst du?
Der Iran, der übrigens Kriegswaffen nach Russland liefert, kann kein Handelspartner für Deutschland und die Europäische Union sein. Demokratie und Menschenrechte sind weitaus wichtiger als ein Atomabkommen mit einem Mullah-Regime. Viele Kinder dieser Regimeangehörigen, die dafür gestimmt haben, dass Oppositionelle hingerichtet werden, führen ein angenehmes Leben außerhalb des Irans. In demokratischen Ländern. Dieses Privileg sollte man ihnen nehmen.
Ich bin froh, dass die UN den Iran jetzt aus der Frauenrechtskommission geworfen hat. Das gibt mir Hoffnung, dass wir gehört werden.
Danke, liebe Malieh, viel Kraft für das nächste Jahr und eine kleine Zeile aus einem Gedicht von Hilde Domin, die auch lange im Exil gelebt hat:
Nicht müde werden, sondern dem Wunder
Leise wie einem Vogel
die Hand hinhalten
Eigentlich ist das feine Liechtenstein-Palais in Prag nicht für die Öffentlichkeit zugänglich. Es dient der Regierung zum Repräsentieren und Staatsgästen, wie der englischen Königin, zum Übernachten.
Dass die Mütterzentren ihre Erasmus+ Abschlussveranstaltung hier unter Kronleuchtern abhalten durften, verdanken sie Rut Kolinská, die seit Jahrzehnten politische Ämter innehat und bis Mitte Mai das Prager Mütterzentrum leitete. Während der Konferenz hat sie ihre Nachfolgerin eingeführt.
Ein Rückblick auf die letzten drei Jahre Erasmus+ Projekt zum Thema „Lebenslanges Lernen in Mütterzentren“ zeigte, wie häufig geplant, umgeworfen und improvisiert werden musste. Trotzdem hatten wir Gelegenheit, viel über Waldpädagogik und Streetwork in Slowenien, generationenübergreifende Betreuung in Deutschland und Prävention in Mütterzentren in Tschechien zu lernen. Als wir uns nicht vor Ort treffen konnten, ging es auch digital. Wenn Mütterzentren etwas gut können, dann ist es genau das: Mit dem was da ist, kreativ umgehen und Probleme lösen. Das haben sowohl die Reaktionen auf die Pandemie als auch auf den Ukraine Krieg gezeigt.
Besonders eindrücklich schilderten unsere slowakischen Kolleginnen, wie schnell sie die vielen Flüchtlingen in den Mütterzentren versorgt haben, anstatt auf staatliche Hilfe zu warten. „Als Mütter sehen wir die Zukunft durch die Augen der Kinder und die brauchen Sicherheit und keinen Krieg“, kommentierte Alena Wagnerova, eine tschechische Schriftstellerin, die die Mütterzentrumsbewegung in Deutschland erlebt und Anfang der neunziger Jahre in der Slowakei und in Tschechien bekannt gemacht hat. “Das war nach dem Ende des kommunistischen Regimes. Damals musste sich das ganze Land neu erfinden – das galt auch für uns Frauen und dafür hatten wir in den Mütterzentren den passenden Raum“, sagte Rut Kolinská.
Nach dem Festakt gab es noch viele Gelegenheiten zum Austausch und Pläne schmieden für das nächste Projekt.